»Die weitesten Reisen unternimmt man mit dem Kopf.«
(Joseph Conrad)
F R A N K R E I C H
B R E T A G N E
Das nordwestlichste kontinentale Département Frankreichs liegt in der Bretagne, hört auf die Bezeichnung Finistère und verspricht wortwörtlich eine Reise ans »Ende der Welt«.
Wer hätte es vermutet? Das Ende der Welt liegt nicht gerade ums nächste Eck. Der Weg dorthin ist weit. Sehr weit. Und ermüdend. Von Hamburg beispielsweise sind es mit dem Auto bis ins beschauliche Örtchen Porspoder an der äußersten Nordwestküste rund 1500 Kilometer. Das wäre per se nicht weiter schlimm, wäre die Strecke durch Belgien und über die Ponte de Normandie bei Le Havre oder weiter südlich via Chartres nicht mit Baustellen übersäht und könnte man die auf Frankreichs Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h auch konstant auskosten. Somit zieht es sich. Und es empfiehlt sich, sowohl auf der Hin- als auch auf der Rückreise mindestens ein, wenn nicht besser zwei Zwischenziele einzuplanen.
Wer endlich ankommt, wird posthum reich beschenkt: mit dem Duft von Meer, Seetang und Einsamkeit. Und Urgewalt. Denn in kaum einer anderen Region Europas wechselt das Wetter geradezu im Handumdrehen seine Laune und ist das Spiel der Gezeiten beeindruckender. In der nordöstlichen Region um Cancale an der Grenze zur Normandie kann es zwischen Ebbe und Flut bis zu 14 Meter Tiedenhub kommen. Nur Kanada kann hier mithalten. Da laufen selbst die größten Buchten leer, sodass alle Boote traurig im Schlick liegen, um sechs Stunden später wieder auf den Wellen zu tanzen. Die stark zerklüftete Bretagne-Küste stellt im Übrigen 30 Prozent der gesamten Küstenlinie Frankreichs dar. Sie erstreckt sich unter Einrechnung aller Buchten über sagenhafte 2730 Kilometer. Und das, obwohl es von Ost nach West gerade einmal 250 und von Nord nach Süd nur 150 Kilometer sind. Inmitten der Bretagne befindet sich somit kein Ort weiter als 80 Kilometer vom Meer entfernt. Meerland, sozusagen. Bretonisch Amor bedeutet Meer.
Eine Reise ins Finistère kommt einer Auszeit in einer ganz besonderen Welt gleich. Das Departement, das sich in Nord- und Süd-Finistère teilt, ist eines von vieren (weitere: Ille-et-Vilaign, Morbihan, Côte d’Amor) in der Bretagne, deren Hauptstadt seit 1957 Rennes ist. Es erstreckt sich an der Küste in etwa vom südlich gelegenen Pont-Aven über Concarneau, Quimper (Präfektursitz und Hauptstadt), Châteaulin, Crozon, Brest, die Ille d’Quessant bis hoch in den Nordosten nach Roscoff und die Region rund um Plougasnou. Finistère hört ursprünglich auf den Namen Penn ar Bed und bedeutet bei den Bretonen eigentlich das absolute Gegenteil: nämlich Anfang, Spitze oder auch Haupt der Welt. Und spätestens hier wird einem alles klar: Denn an der Landzunge der Pointe du Raz endet nicht nur die Bretagne, sondern auch das französische Festland. Ebenso teilt sich hier das Meer und das Klima: im Norden sorgt der Ärmelkanal mit seinem Golfstrom beinahe ganzjährig für angenehme Temperaturen, während sich im Süden die Wellen des Atlantiks an Felsen, in Buchten und an wunderschönen Badestränden austoben, es durch den meistens vorherrschenden Westwind entsprechend kühler sein kann.
Insofern verzaubert dieser Landstrich beinahe ganzjährig durch faszinierende Naturschauspiele, außergewöhnliche Landschaften und eine bis zu 4000 Jahre vor Christi Geburt zurückreichende keltische Kulturgeschichte, die sich nicht nur im bretonischen Brauchtum, sondern sich vor allem in zahlreichen Sehenswürdigkeiten wie Megalithanlagen widerspiegelt. Es dürfte sich um mehr als 4600 Objekte handeln, die es zu bestaunen gilt, und die somit älter als die Ägyptischen Pyramiden sind. Die Fülle an Erlebnissen, Anregungen und Eindrücken, die einen bisweilen auch mit ortschaftlichen Zungenbrechern wie Plouhinec, Penmarc’h oder Aber Wrac'h im Zuge eines Nach-dem-Weg-Fragens kurz an den Rand der Verzweiflung bringen können, ist schier unendlich.
Grundsätzlich zählt die bretonische Küstenlandschaft auch unter Franzosen zu den beliebtesten Ferienregionen. Der Vielzahl an Urlaubsvarianten (Luxushotels, Camping, Ferienhäuser, Apartments) sind auch im gern unterschätzten Landesinneren so gut wie keine Grenzen gesetzt. Ebenso begehrt wie effizient sind aufgrund des hohen Algenaufkommens Thalasso-Kuren. Zweifelsfrei eines der interessanten Gebiete stellt der nordwestlichste Teil dar: die Iroise-Küste (frz. Côte Iroise). Vor der Küstenlinie des Mer Iroise liegen im gleichnamigen Seegebiet auch zahlreiche Inseln. Auch diese stehen natürlich unter Naturschutz.
Als empfehlenswerter Ausgangspunkt für Tagesausflüge bietet sich der knapp 1800 Seelen zählende Ort Porspoder an, dessen Name gern auch von Bretonen auf sehr unterschiedliche Weisen dahergenuschelt wird. Das gepflegte Örtchen zählt zum Kanton Ploudalmézeau und liegt fernab von jeglichem Trubel. Ein perfektes Start und Ziel für wunderbare Wanderungen. Alle paar Meter bieten sich andere spektakuläre Ausblicke auf den Atlantik als Gesamtkunstwerk. Man fühlt sich wie im Kino. Hier und da führt der Weg entlang an typischen Häuschen, die dem Wind inmitten üppig blühender Callas-Arrangements oder Hortensien-Büschen und mit bunten Holzfensterläden zu trotzen scheinen. Und plötzlich, wie aus dem Nichts, können entlegene Siedlungen wie der Port de Mazou auftauchen, wo man bitter bereut, kein Fläschchen Weißwein im Handgepäck zu haben, aber dennoch gebannt im Schlick verweilt und wieder einmal Napfmuscheln sammelt, um auch ja zuzusehen, wie sich das Hafenbecken langsam aber gewaltig wieder mit Atlantikwasser füllt. Die klare und salzige frische Luft macht geradezu süchtig und versetzt einen in eine Art Trancezustand. Selbst nach stundenlangem Marschierens kann man nicht genug davon bekommen. Kaum mit knurrendem Magen im Hotel angekommen, treibt es einen geradezu zwanghaft schon wieder zum Sonnenuntergang hinaus auf die Halbinsel Presque île Saint-Laurent mit ihrem davor stehenden Leuchtturm Phare Chenal du Four, der dort seit anno 1873 Seglern wie großen Pötten den Weg durch den Ärmelkanal erhellt.
So lassen sich ein störungsfreies WLAN und Konsumbegierden aller Art schnell vergessen. Denn auch Geschäfte sind in Porspoder so rar wie Menschen auf den Trottoirs. Klar, ein Immobilienmakler darf natürlich nicht fehlen. Ansonsten beschränkt es sich auf das Wesentliche. Am äußerst gepflegten Dorfplatz mit Blick auf die entzückende Kirche L’église Saint-Budoc aus dem 16. Jahrhundert findet sich ein Kaufmann, der die nötigsten Grundnahrungsmittel offeriert, oben drüber eine typische Bar, am Verteilerkreisel der Hauptstraße Rue de l’Europe – Rue de Keravel noch eine unscheinbar wirkende, aber durchaus veritable Pizzeria. Schräg gegenüber des sehr formidablen Éco Hôtel Restaurant le Château de Sable eine Boulangerie nebst Souvenirs. Ein paar Schritte weiter nördlich in Richtung des nahtlos übergehenden Örtchens Argenton noch ein Frisör und drei Restaurants – c’est tout. Besonders charmant präsentiert sich von diesen dreien die Crêperie Les Chardons Bleus. Hier kann man sich nicht nur am mit Antiquitäten reich verzierten Ambiente satt sehen, sondern auch tagelang immer andere Varianten der bretonischen Pfannenkuchenspezialität verspeisen. Tröstlicherweise offeriert das Chardons Bleus zur Abwechslung auch eine exzellente Bouillabaisse.
Wer dem in dieser Region überwiegend rustikalen Charme einen Abend entfliehen will und sich an französischer Sterneküche erlaben möchte, dem sei dienstags bis samstags das Restaurant im Le Château de Sable wärmstens ans Herz gelegt. Die Atmosphäre mit Blick auf den Leuchtturm ist atemberaubend, die Menüs geradezu famos zubereitet und erfrischend authentisch. Für stets der Jahreszeit entsprechendes frisches Obst, Gemüse und Kräuter sorgt Gärtner Stéphane aus dem benachbarten Landgut Kergroadez. Meeresfrüchte aller Art kommen selbstredend fangfrisch aus dem Nordosten – der sogenannten Löwenküste (Côte léonarde). Inspiration holt sich der junge bretonische Küchenchef Julien Marseault auch heute noch gern bei Jean-Yves Crenn, dem »Stern von Roscoff«, der heute das sagenumwobene Restaurant Le Temps de Vivre führt. Die Korsarenfestung Roscoff ist übrigens bekannt für die bretonischen Zwiebeln, die früher von dort aus nach England verschifft wurden. Bien sûr finden sich diese auch auf der liebevoll formulierten Speisekarte von Monsieur Marseault wieder, Kochkurse können im Le Château de Sable ebenfalls gebucht werden.
Wer bei diesen lukullischen Genüssen die gute Figur in Gefahr sieht, sei an dieser Stelle schnell beruhigt. Die vermeintlich durch die allerorts reichlich verwendete, sehr schmackhafte Beurre du Sel aufgenommenen Pfündchen sind spätestens am nächsten Tag, egal ob per pedes oder mit dem Fahrrad, längst wieder abtrainiert. Hierbei zählt ein Tagesausflug auf die Halbinsel von Crozon mehr als das quirlige Quimper oder das auf den ersten Blick sehr trist wirkende Brest zum Pflichtprogramm. Die Felsformationen am Pointe de Penhir samt Flora und Fauna sowie das sich in allen erdenklichen Blau- und Türkistönen abwechselnde Licht- und Atlantikwasserspiel werden Sie eh in Atem halten. Ebenso die Relikte des Zweiten Weltkriegs gepaart mit Megalithen und Dolmen aus der Ur-Zeit. Des Weiteren empfiehlt sich ein Abstecher an den nördlicher gelegenen und westlichsten Landzipfel des Finistère – zum Leuchtturm Phare de Saint-Mathieu und der Abbaye Saint-Mathieu de Fine-Terre in Plougonvelin.
Für Shoppinggelüste wie weitere historische Highlights bietet sich darüber hinaus die befestigte Stadt Concarneau im Süden an. Oder, ausgesprochen reizvoll, Morlaix im Nordosten. Letztere schmiegt sich an einen der vielen sogenannten Aber (Fjord), der einen sehr sehenswerten Sportboothafen und ein beeindruckendes Viadukt beheimatet. Oui, oui, und spätestens hier ist auch schon wieder Zeit und Platz für eine köstliche Leckerei. Beispielsweise im Le Grand Café De La Terrasse. In diesem Sinne: Bon voyage et bon appétit! © 2015 Monika Hebestreit
Restauranttipp Cancale: Le Surcouf, 7 Quai Gambetta, Reservierung: +33 2 99 89 61 75
Übernachtungstipp Saint-Malo: Villa Saint Raphaël
Übernachtungstipp Chartres: Le Parvis et la maison de la Cathédrale
C Ô T E D ' A Z U R
Morgens wabern die Nebel durchs Tal, drüben erwacht Le Castellet aus dem Schlaf. Dann beherrschen Sonnenschein und Azurblau die Szenerie. Wenn Gott in Frankreich wohnt, und zum Abendmahl bittet, dann bestimmt hier: La Cadière d’Azur, Hostellerie Bérard & Spa
S P A N I E N
Atemberaubender Blick: Barcelona und das Mittelmeer zu Füßen, »Sagrat Cor« zur Rechten. Das Gran Hotel La Florida thront majestätisch auf dem »Tibidabo«, Hausberg und grüne Lunge der katalanischen Metropole inmitten der »Bergkette Serra de Collserola«.
Andalusien ist nicht nur des guten Sherrys wegen eine Reise wert: Hotel Villa Jerez
Wenn ich auf
Reisen bin, muss ich mich im Hotel wie zu Hause fühlen. Lichte Räume, traum- hafte Betten und Schminkspiegel sind unverzichtbare Basics, weitere
Annehmlichkeiten die i-Tüpfelchen. Im Mardavall, östlich von Palma de Mallorca,
könnte ich länger verweilen
Bei geöffneten Flügeltüren in der Badewanne liegen, dabei den Blick auf den Golfplatz genießen und einfach die Seele baumeln lassen. Einfach herrlich! Hotel Villa Padierna Palace, Marbella
U S A
K A L I F O R N I E N
Wer einmal am breiten Strand von Carmel unter der alten, zerknöcherten Pinie gesessen und auf den unendlich weiten Pazifik geschaut hat, wird wissen, wie klein und unbedeutend wir Menschen in diesem Universum doch eigentlich sind. Auch sonst ist das Örtchen, das einmal Clint Eastwood zum Bürgermeister hatte, unbedingt einen Abstecher wert: niedliche Häuschen, die lustige Namen wie z. B. »The misbehavious Rabbit« tragen, oder einfach im The Pine Inn wohnen, das u. a. ein grandioses Frühstück bietet. Und danach auf nach Pepple Beach ...!
Los Angeles hat sicher weitaus mehr zu bieten, als von der Terrasse des Mondrian (Design by Philip Starck) nur den atemberaubenden Blick auf die Stadt zu genießen. Beispielsweise sehenswert: die schier unendlichen Köstlichkeiten auf dem legendären Farmer's Market.
San Francisco folgt …